Sehr geehrter Herr Prof. Kleist,
sehr geehrte Damen und Herren,
seit 35 Jahren gehört der deutsch-französische Journalistenpreis zu den wichtigsten Medienauszeichnungen Europas.
Gewürdigt werden Journalisten, Redaktionen, Presseorgane oder in den Medien tätige Personen, die zu einem besseren Verständnis zwischen Deutschland und Frankreich beitragen und die europäische Integration fördern.
Die Reihe der Preisträger bzw. die eingereichten Beiträge spiegelt die Entwicklung der politisch und gesellschaftlich relevanten Ereignisse der letzten Jahrzehnte wieder:
In den 80er Jahren Themen wie die NATO-Nachrüstung, die Friedensbewegung und die Stahlkrise, später die Wiedervereinigung, das Attentat vom 11. September 2001, die Finanzkrise 2008 und die Anschläge in Paris im Januar 2015.
In diesem Jahr geht es um Fake News und damit um Fragen einer demokratischen Öffentlichkeit, die nicht mehr nur von klassischen Medien, Journalisten und professionellen Redaktionen und wenigstens dem Anspruch auf Wahrheit und Vollständigkeit geprägt ist, sondern auch von Intermediären, technischen Algorithmen und Filterblasen.
Falsche Nachrichten gab es auch früher schon. Aber heute werden sie massenhaft und bewusst verbreitet, um extreme Positionen zu begründen und Widersacher zu diskreditieren.
Das ist der Unterschied zwischen Falschmeldungen und Fake News und das ist neu.
In diesem Zusammenhang geht es auch um die Zukunft eines liberalen und demokratischen Europas, das sich in einer angespannten Lage in der Asyl- und Flüchtlingspolitik mit Populismus und nationalen Egoismen konfrontiert sieht.
Der Ton ist rauer geworden. International wenden sich frühere Verbündete ab von Werten, die uns über Jahrzehnte verbunden haben. Das alles ist erklärungsbedürftig.
Bürgerinnen und Bürger müssen überall die Möglichkeit haben, sich rundum aus unterschiedlichen Quellen zu informieren.
Sie haben ein Recht auf einen einfachen Zugang zu seriösen Medien, ein Recht auf sorgfältig geprüfte Fakten, unabhängige Recherche und die ganze Bandbreite an Meinungen.
Denn, um den diesjährigen Preisträger Jürgen Habermas zu zitieren, „der gedankliche Horizont schrumpft, wenn nicht mehr in Alternativen gedacht wird“. Das ist ein wichtiger Punkt: Wir müssen unseren Blick öffnen für andere Meinungen und andere Sichtweisen. Guter Journalismus macht diese Alternativen sichtbar und legt gewissenhaft ihre Vor- und Nachteile dar.
Sehr geehrte Damen und Herren,in schwierigen Zeiten müssen wir vermeintliche Gemeinplätze wieder laut aussprechen, um uns ihrer Gültigkeit zu vergewissern: Es sollte wieder überall in Europa als selbstverständlich gelten, dass Rechtstaatlichkeit, Gewaltenteilung, Meinungs- und Pressefreiheit nicht verhandelbar sind.
Wir brauchen dafür einen starken und unabhängigen europäischen Journalismus, der unterschiedliche Sichtweisen auf der Grundlage von Fakten und Recherche nachvollziehbar macht.
Darin spiegelt sich unsere Vielfalt, die eine große Stärke von Europa ist. Gleichermaßen spiegeln sich darin auch unsere Gemeinsamkeiten, die das Fundament für die europäische Gemeinschaft bilden.
Der deutsch-französische Journalistenpreis leistet einen wichtigen Beitrag, um dieses zu erreichen. Er fördert die Verständigung mit dem Partnerland und die Kooperation zwischen deutschen und französischen Medien. Er ist ein Vorbild für die Medien in ganz Europa.
Ich danke allen, die sich dafür einsetzen und gratuliere den Preisträgerinnen und Preisträgern des deutsch-französischen Journalistenpreises 2018.
Herzlichen Dank
Es gilt das gesprochene Wort.