Sehr geehrte Frau Präsidentin,sehr geehrte Damen und Herren,
Hamburg befindet sich im Ausnahmezustand. Die globale Ausbreitung eines neuartigen Coronavirus hat auch unsere Stadt ergriffen. Laut Weltgesundheitsorganisation wurden bisher bei über 700.000 Menschen in mehr als 200 Ländern Infektionen mit diesem Virus nachgewiesen. Die Lage ist ernst.
Für die meisten bedeutet eine Ansteckung zwar nur ein leichter Husten oder Schnupfen wie bei einer normalen Erkältung. Viele werden gar nicht krank. Für einige kann das Coronavirus aber sehr gefährlich werden: Das sind vor allem ältere Menschen oder diejenigen, die noch andere Erkrankungen haben.
An diese Mitbürgerinnen und Mitbürger müssen wir jetzt denken und alles tun, was nötig ist, um sie zu schützen. Das ist eine Aufgabe für uns alle, für die gesamte Freie und Hansestadt Hamburg!
Das Coronavirus ist hoch infektiös und so neuartig, dass unser Immunsystem nicht darauf vorbereitet ist. Es kann sich dadurch sehr schnell verbreiten. Die dramatischen Bilder aus Italien und anderen Ländern mahnen uns: Der Schutz von Leben und Gesundheit muss bei unserem Handeln an oberster Stelle stehen.
Wir müssen verhindern, dass zu viele Menschen gleichzeitig schwer erkranken und dann in unseren Krankenhäusern nicht mehr ausreichend behandelt werden können. Eine Schutzimpfung, die wir gegen die Ausbreitung des Virus einsetzen können, gibt es derzeit nicht.
Notsituationen wie diese kannten wir nur noch aus den Geschichtsbüchern. Bedrohliche Ausbreitungen von Infektionserkrankungen sind in der jahrhundertealten Geschichte unserer Stadt aber keineswegs einmalig. Die Choleraepidemie im 19. Jahrhundert zum Beispiel ist tief im historischen Bewusstsein unserer Stadt verankert. Der Hygeia-Brunnen im Innenhof des Rathauses erinnert uns an die vielen Opfer dieser Zeit.
Zur Bekämpfung der Cholera wurde seinerzeit Robert Koch nach Hamburg beordert, der den Senat dazu aufrief, Schulen zu schließen und Versammlungen zu verbieten. Robert Koch verordnete der Stadt Isolation und Hygienemaßnahmen. Dadurch konnte schon damals die exponentielle Verbreitung der Cholera in Hamburg gestoppt werden.
Auch heute handelt der Senat auf der Grundlage von Empfehlungen des Robert Koch-Instituts, der zentralen Bundesbehörde für den Seuchenschutz in Deutschland, sowie weiterer Experten, die sich mit den medizinischen Fragen dieser Epidemie befassen. Dies tun wir in Abstimmung mit der Bundesregierung und den anderen Ländern, denn niemand kann das Coronavirus alleine stoppen.
Das Robert Koch-Institut empfiehlt uns als wirksamstes Mittel gegen die Coronavirus-Epidemie eine Unterbrechung von Infektionsketten durch Hygiene und die Vermeidung direkter persönlicher Kontakte. Wir haben daher das öffentliche Leben in unserer Stadt in kurzer Zeit Schritt für Schritt weitestgehend eingestellt.
Veranstaltungen, Versammlungen und Feiern sind verboten, Kitas und Schulen, Restaurants und Läden geschlossen, Besuche in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen stark eingeschränkt und Ansammlungen im öffentlichen Raum untersagt. Ausnahmen gelten nur noch für unverzichtbare Wege zur Arbeit, Bewegung an der frischen Luft - alleine oder in häuslichen Gemeinschaften -, sowie zur Versorgung für das tägliche Leben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
die Lebensqualität in einer internationalen und offenen Metropole wie Hamburg besteht gerade in der Vielfalt der Begegnungen, in den Cafés und Clubs, Theatern und Kinos, in dem breiten Angebot der Kultur, im Sport und bei vielen Veranstaltungen, die bei uns normalerweise jeden Tag stattfinden. Die jetzt verordneten Einschränkungen des öffentlichen Lebens und der persönlichen Freiheit richten sich fundamental gegen unser Selbstverständnis und die Art und Weise, wie wir in Hamburg leben.
Dennoch verhalten sich die Hamburgerinnen und Hamburger verantwortungsvoll. Sie akzeptieren die sehr weitgehenden Einschränkungen in ihrem Alltag und halten sich an die Auflagen, die jetzt erforderlich sind. Dafür möchte ich ihnen im Namen des Senats sehr herzlich danken!
Wir dürfen mit der Gesundheit und dem Leben von Menschen nicht leichtfertig umgehen und müssen deshalb darauf bestehen, dass sich alle an die Regeln halten. Der Erfolg unserer Strategie hängt genau davon ab. Das Ziel besteht darin, die Ausbreitung des Coronavirus so zu verlangsamen, dass unser Gesundheitswesen nicht überlastet wird. Wir müssen sicherstellen, dass alle eine gute und auch eine intensivmedizinische Behandlung erhalten können, wenn es darauf ankommt.
Hamburg ist dafür gut aufgestellt, betont der langjährige Präsident der Bundesärztekammer und heutige Präsident des Weltärztebundes Frank Ulrich Montgomery. Gemeinsam mit den Krankenhäusern arbeiten wir daran, die Zahl der intensivmedizinischen Behandlungsplätze zu erhöhen und zusätzliche Beatmungsgeräte zu beschaffen.
Gleiches gilt für die Beschaffung von Schutzausrüstung, insbesondere von Gesichts- und Atemschutzmasken. Hierfür besteht derzeit in ganz Deutschland und weltweit ein enorm gestiegener Bedarf. Daran arbeiten derzeit alle mit Hochdruck: die Krankenhäuser, wir als Stadt und auch der Bund.
Aktuell befinden sich 180 Personen mit Wohnort Hamburg aufgrund einer Erkrankung mit COVID-19 in stationärer Behandlung, davon werden 45 Personen intensivmedizinisch betreut. Um die Kapazitäten der Kliniken zu schonen, werden Operationen und Behandlungen verschoben, wenn dies medizinisch vertretbar ist.
Wir brauchen in den nächsten Monaten weitere qualifizierte Kräfte in den Kliniken. Die Schulungen von Personal für den Umgang mit COVID-19-Patienten haben frühzeitig begonnen. Die Gesundheitsbehörde hat zudem einen Aufruf gestartet, um Personen mit Erfahrung in Gesundheitsberufen an Krankenhäuser zu vermitteln. Mehr als 800 Freiwillige sind bereits registriert.
Allen Menschen, die sich derzeit für die medizinische Versorgung in Hamburg einsetzen, in den Kliniken und Arztpraxen, in den Pflegeinrichtungen, Gesundheitsämtern und an vielen anderen Stellen unseres Gesundheitswesens, möchte ich ausdrücklich sagen: Herzlichen Dank im Namen des Senats und der gesamten Stadt für ihren Einsatz!
Meine Damen und Herren,
die drastischen Maßnahmen, die wir ergriffen haben, sind in der Geschichte unserer Stadt ohne Beispiel. Sie haben weitreichende Folgen für jede und jeden von uns, für die Wirtschaft, die Kultur, für den Sport und viele andere Bereiche unserer Gesellschaft. Neben dem Schutz von Leben und Gesundheit, der an erster Stelle steht, ist die Arbeit von Bund und Ländern darauf gerichtet, die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Coronakrise so gut wie möglich zu begrenzen.
Dazu hat die Bundesregierung zahlreiche Maßnahmen für ganz Deutschland beschlossen, die wir in Hamburg in Anspruch nehmen und ergänzen. Wir wollen alles dafür tun, damit unsere Bürgerinnen und Bürger abgesichert sind, dass Arbeitsplätze erhalten und Insolvenzen verhindert werden.
Das Programm umfasst unter anderem
- erleichterte Bedingungen für das Kurzarbeitergeld,
- zinslose Stundungen von Steuerzahlungen,
- eine Erstattung von Lohnausfällen aufgrund der Kinderbetreuung,
- Liquiditätshilfen und Eigenkapitalstärkung für Unternehmen,
- einen besseren Schutz vor Insolvenzen,
- der Schutz von Mieterinnen und Mietern,
- zusätzliches Geld für die Krankenhäuser und
- ein vereinfachter Zugang zur Grundsicherung für Menschen, die dieses für sich und ihre Familien benötigen.
Die Hamburger Corona Soforthilfe richtet sich gezielt an Selbstständige sowie an kleine und mittlere Unternehmen. Sie ermöglicht je nach Unternehmensgröße Zuschüsse von bis zu 30.000 Euro, die die Leistungen des Bundes ergänzen und nicht zurückgezahlt werden müssen. Auch gemeinnützige Vereine und Organisationen können die Zuschüsse beantragen.
Bundes- und Landesmittel können online mit einem einzigen Formular beantragt werden. Über 100 Fachkräfte aus anderen Verwaltungsbereichen unterstützen die Investitions- und Förderbank IfB bei der Antragsbearbeitung, damit das Geld möglichst schnell bei den Betroffenen ankommt. Über 16.000 Anträge sind bisher eingegangen, die ersten Zahlungen wurden bereits angewiesen.
Viele weitere Hilfsangebote wurden von der Stadt geschaffen. Darunter ein Hilfspaket für Künstlerinnen und Künstler, Privattheater und Musik-Clubs sowie steuerliche und gebührenrechtliche Hilfen für Gewerbetreibende. Auch für soziale Dienstleistungsunternehmen und Zuwendungsempfänger halten wir die Folgen so gering wie möglich. Die städtische IfB erweitert bestehende Förderprogramme und die Konditionen, damit Unternehmer Liquiditätsengpässe bewältigen oder dringend notwendige Betriebsmittel für Kultur- und Sportvereine zur Verfügung gestellt werden können.
Die genannten Programme und Maßnahmen können in der gesamten Bandbreite genutzt werden. Zusammen genommen bieten Sie eine große Unterstützung, um Notlagen abzuwenden und die Herausforderungen der kommenden Monate wirtschaftlich zu überstehen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete,
in diesen schwierigen Zeiten müssen sich die Bürgerinnen und Bürger auf unsere Stadt verlassen können. Es geht um die Sicherung von Existenzen, denn wir befinden uns in einer außergewöhnlichen Notsituation.
Der Senat bittet Sie, dieses heute auch formal festzustellen, damit wir im Rahmen unserer Landeshaushaltsordnung bis zu 1,5 Milliarden Euro einsetzen können, um die negativen Folgen der Coronakrise bestmöglich abzuwenden.
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Coronakrise ist so umfassend und weitreichend, dass sich an vielen Stellen viele Probleme gleichzeitig ergeben, für die unsere Behörden und städtischen Unternehmen Lösungen finden.
- Für unsere Wohnungsbaugesellschaft gilt: Die SAGA wird mit allen Mieterinnen und Mietern, die durch die Coronakrise in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, eine gemeinsame Lösung finden.
- Für den Zeitraum der Schließung erstatten wir die Elternbeiträge für die Kita-Betreuung.
- Auch außerhalb des Winternotprogramms stellt die Sozialbehörde mehrere hundert Plätze in einem Notübernachtungs- und Versorgungsprogramm bereit.
- Die Wohn- und Betreuungsangebote der Jugendhilfe, für Menschen mit Behinderung und des Opferschutzes sowie die sozialen Dienste in den Bezirken werden aufrechterhalten. Gerade in dieser Ausnahmesituation, steht der Staat auch unter erschwerten Bedingungen zu seiner Verantwortung gegenüber Hilfs- und Schutzbedürftigen.
- Unser Staatsamt setzt sich für Hamburgerinnen und Hamburger ein, die zurzeit im Ausland sind und versuchen nach Hause zu kommen. Sie hält Kontakt, informiert, berät und setzt sich gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt in Berlin für die Betroffenen ein. Es ist uns bereits gelungen, rund 120 Hamburgerinnern und Hamburger aus allen Teilen der Welt die Rückkehr in ihre Heimatstadt zu ermöglichen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
die Grundfunktionen unserer Stadt werden aufrechterhalten. Unsere Öffentlichen Unternehmen versorgen uns wie gewohnt mit Wasser, Strom und Wärme. Die Stadtreinigung kümmert sich um die Müllentsorgung und die Sauberkeit im öffentlichen Raum. Wochen- und Supermärkte bieten nach wie vor alles, was wir brauchen. Die Unternehmen sind gut aufgestellt, so dass diese Grundversorgung gesichert ist. Busse und Bahnen fahren weiter. Die Verkehrsunternehmen sorgen dafür, dass die gebotenen Abstände zwischen den Fahrgästen eingehalten werden können.
Hamburg funktioniert auch in der Krise. Das haben wir all denen zu verdanken, die auch in dieser schwierigen Lage für uns im Einsatz sind: Die Verkäuferinnen und Verkäufer, die LKW-Fahrer, die Polizeibeamten und Feuerwehrleute, diejenigen, die unsere Stadt am Laufen halten mit Bussen und Bahnen, in den Stadtwerken, in den Behörden und Unternehmen, die wir für das tägliche Leben brauchen.
Jeden Abend um 21 Uhr bedanken sich die Hamburgerinnen und Hamburger dafür mit einem öffentlichen Applaus. Dem schließe ich mich gerne an. Herzlichen Dank im Namen des Senats und von uns allen, die auf diese wichtige Arbeit angewiesen sind!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Hamburgerinnen und Hamburger,
wir müssen derzeit drastische Einschränkungen für das tägliche Leben in unserer Stadt in Kauf nehmen. Es kommt jetzt darauf an, dass wir so gut es geht zuhause bleiben und den direkten Kontakt mit anderen vermeiden.
Wir werden diese Einschränkungen nur so lange aufrechterhalten, wie es für den Schutz von Leben und Gesundheit nötig ist. Die Bewertung der Lage durch die Wissenschaft und das Robert Koch-Institut entwickelt sich stetig weiter - durch den Verlauf der Epidemie und neue Erkenntnisse über das Virus und die Erkrankung, die es verursacht. Wann der Zeitpunkt gekommen ist, dass wir die in den letzten Wochen getroffenen Maßnahmen schrittweise wieder aufheben, kann derzeit keiner vorhersagen.
Wir brauchen Geduld, denn wir dürfen den Erfolg unserer Strategie nicht aufs Spiel setzen. Hierüber werden wir mit der Bundesregierung, den anderen Ländern und den Gesundheitsexperten sprechen. Bei aller Unsicherheit über die kommenden Wochen und Monate, bin ich überzeugt, dass wir diese Krise gemeinsam gut überstehen können, wenn wir weiterhin zusammenhalten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
die erste Coronavirus-Erkrankung in Hamburg wurde am 27. Februar festgestellt. Der betroffene Patient ist bereits wieder gesund. Und er ist nicht der einzige. Seit Beginn der Krise haben wir nicht nur über 2.000 bestätigte Infektionen in Hamburg, sondern auch über 800 Menschen, die das Virus überstanden haben.
Das ist die gute Nachricht, die uns Kraft und Zuversicht gibt.
Überall in Hamburg gibt es große Hilfsbereitschaft, auch das zeigt sich in dieser Krise.
Wir sind eine starke Stadt und stehen gemeinsam gegen Corona.
Herzlichen Dank!
Es gilt das gesprochene Wort.