Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,
wir kommen jetzt gleich zur Neuwahl unseres Präsidiums.
Nach einem ereignisreichen Jahr geht zum 1. November der Vorsitz des Bundesrates von der Freien und Hansestadt Hamburg auf unser Nachbarland Mecklenburg-Vorpommern über.
Die künftige Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig hat eben in der Debatte zum Entschließungsantrag bereits darauf hingewiesen, welche Bedeutung unserer Freundschaft mit Israel innerhalb der internationalen Beziehungen Deutschlands zukommt.
Aus diesem Grund war es mir wichtig, als Präsident des Bundesrates im 75. Gründungsjahr des Staates Israel nach Tel Aviv und Jerusalem zu reisen, die Gedenkstätte Yad Vashem zu besuchen und mit Menschen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft über die deutsch-israelischen Beziehungen und gemeinsame Zukunftsprojekte zu sprechen.
Sehr geehrter Botschafter Prosor, herzlichen Dank, dass Sie uns bei der Vorbereitung der Delegationsreise im Mai so gut unterstützt haben, dass ich mit Staatspräsident Herzog, mit Ministerpräsident Netanjahu, mit weiteren Mitgliedern der Regierung und Vertretern der Opposition in der Knesset sprechen konnte.
Wir haben die Dynamik und Innovationskraft Ihres Landes erlebt, die aktuellen politischen Diskussionen in Israel und zugleich die großen Sorgen, die mit den Konflikten und Spannungen in der Region verbunden sind.
Der terroristische Angriff der Hamas auf das israelische Volk vor zwei Wochen hat gezeigt, wie berechtigt diese Sorgen waren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
hinter den Angriffen auf Israel steht nicht alleine die Hamas, sondern weitere radikale Kräfte und Organisationen, die das Existenzrecht Israels grundsätzlich in Frage stellen und den israelischen Staat bekämpfen.
Wir in Deutschland stehen fest an der Seite Israels. Diese Botschaft ist uns wichtig, nach außen und nach innen.
Dazu gehört die Verpflichtung von Bund und Ländern, islamistische Aktivitäten in Deutschland zu unterbinden, Antisemitismus entschlossen entgegenzutreten und das jüdische Leben in Deutschland zu schützen und zu fördern.
Sehr geehrter Herr Prosor, nehmen Sie diese Botschaft mit nach Israel. Wir wünschen Ihnen und Ihrem Land viel Kraft in dieser schweren Zeit.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich möchte in meiner letzten Rede als Bundesratspräsident nicht versäumen, mich noch einmal zu bedanken, für Ihre Mitwirkung, für die Präsentation Ihrer Länder, für den Besuch Ihrer Bürgerdelegationen am Tag der Deutschen Einheit in Hamburg.
Der 3. Oktober ist ein Symbol für die Einheit, die Freiheit und Demokratie unseres Landes – ein Tag, der unsere nationale Identität und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken soll.
Die Experten-Kommission „Deutsche Einheit“ unter der Leitung von Matthias Platzeck hat uns empfohlen, den 3 Oktober als heiteren Nationalfeiertag zu begehen und dabei viele Organisationen und Institutionen der Zivilgesellschaft einzubinden.
Gemeinsam mit über 700.000 Besucherinnen und Besuchern haben wir in Hamburg ein großes, ein vielfältiges und heiteres Fest der Deutschen Einheit gefeiert.
Nicht obwohl, sondern gerade weil wir in einer Zeit des Umbruchs und der Veränderung leben, in der wir Zuversicht und Tatkraft brauchen.
Deshalb haben wir zurückgeschaut auf über 30 Jahre Wiedervereinigung und zugleich einen optimistischen Blick voraus gerichtet: auf ein vielfältiges, modernes und internationales Deutschland, das seinen Kurs selbst bestimmt und „Horizonte öffnet“.
Während des Festaktes in der Elbphilharmonie hat der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Prof. Harbarth in seiner Rede deutlich gemacht, worauf es ankommt, wenn wir den großen Aufgaben unserer Zeit gerecht werden wollen:
- auf einen Staat, der auf allen Ebenen schnell und lösungsorientiert arbeitet,
- auf private Initiativen, die der Staat ermöglicht, ermutigt und fördert,
- und auf eine Gesellschaft, die zu Kompromissen fähig und bereit ist.
Das ist eine gute Orientierung für unser Handeln in einer Zeit des Umbruchs.
Als Landesregierungen können wir – gemeinsam mit dem Bund – schnellere Verfahren für die Verwaltung entwickeln, sie entschlacken, modernisieren und digitalisieren.
Als Politikerinnen und Politikern begegnet uns vor Ort privates und bürgerliches Engagement, das wir sichtbar machen, würdigen und unterstützen müssen.
Als Mitglieder des Bundesrates muss es uns um den sachlichen, konstruktiven Austausch gehen, um das Finden gemeinsamer Positionen untereinander und gegenüber der Bundesregierung.
Als Länder positionieren wir uns gemeinsam gegenüber dem Bund und müssen zugleich zu Kompromissen bereit sein – und wir erwarten selbstverständlich auch, dass der Bund diese Bereitschaft erkennen lässt.
Das ist der Auftrag unserer Verfassung.
Im Mittelpunkt unseres föderalen Systems stehen nicht Blockade und Kräftemessen, sondern Zusammenarbeit, Austausch und das Bemühen um gemeinsame Lösungen in wichtigen nationalen Fragen.
Das Ringen um Kompromisse und gute Lösungen für ganz Deutschland hat nach dem zweiten Weltkrieg auch die Arbeit des Parlamentarischen Rates geprägt.
Auf diese Weise ist unser Grundgesetz entstanden, das uns seitdem gute Dienste leistet und im kommenden Jahr sein 75. Jubiläum feiert.
Vielleicht ist das ein guter Anlass, noch einmal im historischen Bundesratsgebäude in Bonn zusammenzukommen? So jedenfalls eine Idee des Kollegen Henrik Wüst, die mir sehr sympathisch ist und die ich bereits mit Manuela Schwesig besprochen habe.
Also, wer weiß, ob uns die neue Bundesratspräsidentin im Rahmen der Feierlichkeiten zum 75. Jubiläum des Grundgesetzes im Mai 2024 zu einer besonderen Sitzung in unser immer noch bestehendes Gebäude am Rhein einlädt?
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Föderalismus ist ein Erfolgsrezept für die Demokratie in Deutschland. Er hat sich auch in Krisenzeiten als effizient und widerstandfähig erwiesen. Wir sind damit eine starke Kraft für die Demokratie in Europa und der Welt.
Als Bürgermeister eines Stadtstaates mit einem Hafen, der als Deutschlands Tor zur Welt gilt, war es mir ein Anliegen, auch die internationale Dimension unserer Arbeit zu beachten.
In Wien, Paris, Prag und Den Haag, in den USA, Israel und Chile – in allen Staaten, die ich als Präsident des Bundesrates besucht habe, wurden wir mit Offenheit, Anerkennung und Interesse an der Zusammenarbeit empfangen. Auch daraus ergeben sich für uns als Länder große Chancen und neue Perspektiven.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
heute, in der letzten Sitzung dieses Bundesratsgeschäftsjahres möchte ich mich – im Namen aller Mitglieder dieses Hauses – bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesrates bedanken, die besonders die Arbeit des Präsidenten, aber eben zugleich aller Mitglieder des Bundesrates unterstützen: Tag für Tag, Sitzung für Sitzung, professionell, freundlich und engagiert.
Herzlichen Dank Frau Rettler und Ihrem gesamten Team!
Ich wünsche meiner Nachfolgerin Manuela Schwesig alles Gute und freue mich, dass wir nach dem Hamburger Motto „Horizonte öffnen“ jetzt ebenso maritim und nordisch „Vereint Segel setzen“.
Sehr geehrte Damen und Herren,
für mich war das zurückliegende Jahr eine sehr besondere Zeit meiner politischen Arbeit – mit zusätzlichen Aufgaben, interessanten Begegnungen und neuen Erfahrungen.
Es war mir eine Ehre.
Herzlichen Dank.
Es gilt das gesprochene Wort.