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Aktuelles

31.05.2018 | Rede

150. Jahre Norddeutsche Seewarte

Sehr geehrter Herr Staatsekretär Ferlemann,
sehr geehrte Frau Breuch-Moritz,
sehr geehrte Abgeordnete der Parlamente,
sehr geehrte Gäste des BSH und des DWD,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

„Versuchsweise, zunächst für zwei Jahre“ nahm die Norddeutsche Seewarte am 1. Januar 1868 in Hamburg ihre Arbeit auf. Ganz sicher war sich ihr Gründer Wilhelm von Freeden anfangs nicht, ob sich seine Geschäftsidee durchsetzen würde.

Doch die Zweifel erwiesen sich als unbegründet. Von Freedens Segelanweisungen für Kapitäne und die Journale für das Wetter auf See waren begehrt. Denn die Informationen über die Winde und Strömungen auf den Weltmeeren machten die Schifffahrt sicherer und konnten bei frühzeitiger Berücksichtigung bis zu einem Fünftel der Reisezeit einsparen. Für die Schifffahrt rechneten sich daher die Mitteilungen der Seewarte. Später übernahm die Seewarte auch die Prüfung der nautischen Instrumente, wodurch sich die Risiken bei der Navigation verringerten.

Meine Damen und Herren,
aus den zunächst versuchsweise vorgesehenen zwei Jahren sind nun 150 geworden, und die Norddeutsche Seewarte kann an ihrem 150. Geburtstag auf eine Erfolgsgeschichte zurückblicken.

Der Zeitpunkt ihrer Gründung fiel in die Jahre der Industrialisierung. Das Aufkommen der Dampfschifffahrt führte zu einer Zunahme des Seeverkehrs und des Handels. Die Zukunftsfähigkeit des Hamburger Hafens zu sichern, war schon damals ein vorrangiges Ziel des Hamburger Senats. Dabei spielte die Weiterentwicklung der Norddeutschen Seewarte eine wichtige Rolle.

Der Gründer Wilhelm von Freeden und die späteren Verantwortlichen bauten die Seewarte über die Jahre konsequent zu einem umfassenden Institut für Nautik, Meteorologie und Hydrologie aus.

Der Hamburger Senat begrüßte diese Entwicklung, durfte die Norddeutsche Seewarte aber nicht direkt unterstützen, denn seit 1865 galten in Hamburg die völlige Gewerbefreiheit und der Grundsatz, dass private Unternehmen ohne staatliche Gelder im Wettbewerb bestehen mussten.

Gustav Heinrich Kirchenpauer, der zwischen 1868 und 1887 mehrmals Hamburger Bürgermeister war, fand dennoch einen Weg, die Weiterentwicklung zu ermöglichen. Er nutzte seinen Einfluss als Hamburger Bevollmächtigter im Bundesrat des Norddeutschen Bundes und später des Deutschen Reiches.

Und so übernahmen Reichstag und Bundesrat ab 1873 die laufenden Kosten. 1875 wurde die Deutsche Seewarte, wie sie nun hieß, zu einer Anstalt des Deutschen Reiches. Wilhelm von Freeden zog sich zurück, nachdem Georg von Neumayer zum ersten Direktor berufen worden war.

Neumayer holte viele hochkarätige Wissenschaftler an die Deutsche Seewarte und baute sie zu einer weltweit führenden Institution aus. Forscher und Nautiker der Seewarte waren an vielen Polarexpeditionen und auch an der berühmten Valdivia-Expedition zur Erforschung der Tiefsee 1898 beteiligt.

Grundlegende Theorien wie die Einteilung der Klimazonen und die Theorie der Kontinentaldrift gehen auf Forschungsarbeiten der Deutschen Seewarte zurück. Diese weltweite Anerkennung unterstützte auch den Ruf Hamburgs als moderne Metropole und Welthafenstadt und ist ein früher Beleg dafür, dass Grundlagenwissenschaft in Kombination mit praktischer Anwendung und Nutzung in der Wirtschaft ein Erfolgskonzept sind, um Modernität und Wettbewerbsfähigkeit unsrer Stadt zu stärken.

Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten änderte sich das breite Aufgabenspektrum der Deutschen Seewarte, die nun auf militärische Zwecken ausgerichtet wurde. 1946 löste die britische Besatzungsmacht das Institut auf. Die meteorologischen Aufgaben wurden von den hydrographischen getrennt, das Deutsche Hydrographische Institut und der Vorläufer des Deutschen Wetterdienstes gegründet.

Der Deutsche Wetterdienst von 1952 wurde bereits ein Jahr nach seiner Gründung durch den Seewetterdienst ergänzt. Diese Spezialisierung auf die maritime Meteorologie unterscheidet ihn bis heute von anderen Diensten.

Doch die Hamburgerinnen und Hamburger nutzen auch die regionale Wettervorhersage auf vielerlei Weise: Die Stadtreinigung Hamburg erhält im Winter Informationen zu Schneefall und Glätte. Hamburg Wasser profitiert von den Vorhersagen zu Stark- oder Dauerregen. Sturmwarnungen helfen den Hafenbehörden, die Kräne im Hafen rechtzeitig zu sichern, die Sturmfluttore in der HafenCity zu schließen – und vieles mehr.

Zu den Aufgaben des Deutschen Wetterdienstes gehört auch die Digitalisierung und Auswertung von etwa 37.000 Journalen, die seit der Zeit der Norddeutschen Seewarte auf den langen Seereisen entstanden. Sie sollen Erkenntnisse über das damalige Klima und den Klimawandel bringen, der zu einem Forschungsschwerpunkt geworden ist.

1990 entstand durch die Zusammenlegung des Deutschen Hydrographischen Instituts mit dem Bundesamt für Schiffsvermessung das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH). Die Dienstleistungen dieser zentralen maritimen Behörde für ganz Deutschland sind auch bei den Unternehmen und Einrichtungen im Hamburger Hafen hoch anerkannt.

Ihre Aufgaben sind vielfältig: Die Behörde genehmigt Ein- und Ausflaggungen, erstellt Seekarten und Hafenhandbücher, sucht auf dem Meeresgrund nach Wracks und erstellt die Raumordnung der deutschen Wirtschaftszone von Ost- und Nordsee.

Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie leistet auch einen großen Beitrag zum Erfolg der Windenergie-Branche in Hamburg. Es hat bislang 34 Windparks mit über 2.200 Windenergieanlagen und neun Konverterplattformen genehmigt. Künftig wird es auch den Flächenentwicklungsplan für Offshore-Windenergie erstellen.

Aber das Meer ist nicht nur Wirtschafts-, sondern auch Natur- und Lebensraum. Meereskunde und Umweltschutz erhalten in der Arbeit des Bundesamtes und des Wetterdienstes große Aufmerksamkeit. Das dürfte auch im Sinne des Gründers der Norddeutschen Seewarte liegen, der die Schifffahrt immer auch im Zusammenhang eines größeren Ökosystems betrachtet hat.

Die Norddeutsche Seewarte hat im Deutschen Wetterdienst und im Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie würdige Nachfolger gefunden. Beide sind aus Hamburg nicht mehr wegzudenken und auf ihrem Gebiet wegweisend. Sie sind Teil der Geschichte unserer Stadt und bereichern sie bis heute.

Im Namen des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg gratuliere ich Ihnen herzlich zum 150-jährigen Jubiläum und wünsche Ihnen auch für die Zukunft alles Gute.

Vielen Dank.

Es gilt das gesprochene Wort.