Sehr geehrter Herr Sportolari,
sehr geehrte Frau Metzen,
sehr geehrte Damen und Herren,
herzlich willkommen in Hamburg zum Jahrestreffen der amerikanischen Handelskammer in Deutschland.
Unsere Stadt hat schon historisch enge Verbindungen zu den USA. Zwischen 1850 und 1934 wanderten Millionen Menschen über den Hamburger Hafen aus, um aus für sie perspektivlosen Lebensbedingungen in Europa auf dem amerikanischen Kontinent ein neues Leben zu beginnen und ihr Glück zu suchen.
Allein im Vorkriegsjahr 1913 begaben sich fast 193.000 Auswanderer auf die lange und beschwerliche Fahrt.
Die meisten fuhren nach New York auf Dampfschiffen der Hamburg-Amerikanischen-Packetfahrt-Actien-Gesellschaft HAPAG, die unter dem Generaldirektor Albert Ballin zur ersten europäischen Auswandereragentur geworden war. Im Auswanderer-Museum Ballinstadt lässt sich dieser Teil unserer gemeinsamen Geschichte eindrucksvoll nachvollziehen.
Aus der HAPAG wurde Hapag-Lloyd - eine der weltweit größten und modernsten Containerreedereien mit einer über 170-jährigen Firmengeschichte, die ihren Hauptsitz in Hamburg hat und eine zentrale Rolle spielt, für die Verankerung unseres Hafens in der globalen maritimen Logistik.
Hapag-Lloyds Reedereiverbund THE ALLIANCE hat zu Jahresbeginn 2019 vier neue Transatlantik-Dienste von Hamburg aus in den Fahrplan aufgenommen und erwartet dadurch einen Anstieg des jährlichen Umschlagvolumens um bis zu 500.000 TEU.
Die USA sind heute unser drittgrößter Handelspartner. Über 800 Hamburger Unternehmen pflegen Wirtschaftsbeziehungen nach Amerika.
Rund 180 von ihnen haben eine eigene Niederlassung, ein Joint Venture oder eine Produktionsstätte in den Vereinigten Staaten - darunter so bekannte Unternehmen wie Jungheinrich und Beiersdorf. Große amerikanische Unternehmen wie Google und Facebook haben ihre Deutschlandzentralen in Hamburg.
Meine Damen und Herren,
Hamburg ist eine traditionsreiche Handelsstadt. Wie kaum eine andere Metropole in Europa setzen wir auf offene internationale Märkte und Wettbewerb auf Augenhöhe mit gleichen Bedingungen für alle Marktteilnehmer.
Das hat bei uns eine lange Tradition, die bis zum mittelalterlichen Städtebündnis der Hanse zurückreicht.
In der Hanse vernetzten sich die Kaufleute und einigten sich auf einheitliche Regeln beim Warenaustausch. Ehemalige Konkurrenten taten sich zusammen und gründeten an Ost- und Nordsee gemeinsame Handelsniederlassungen.
Die Hanse führte mit ihrer Idee des Freihandels nach fairen und für alle gleichen Regeln in Europa zu einer nie dagewesenen wirtschaftlichen Blüte und einem beispiellosen Aufschwung der Städte.
Wir begrüßen es in Hamburg sehr, dass die EU mit ihrem erfolgreichen Binnenmarkt, trotz protektionistischer Tendenzen in vielen Ländern der Welt, weiterhin multi- oder bilaterale Handelsabkommen abschließt.
Wir sind zuversichtlich, dass auch die Verhandlungen über ein Abkommen mit den USA eines Tages wieder aufgenommen werden. Es wäre eine Win-Win-Situation für beide Seiten und auch für die außenhandelsorientierte Hansestadt Hamburg ein wichtiger Schritt zu noch besseren Wirtschaftsbeziehungen zu den USA.
Wenn am 26. Mai ein neues Europaparlament gewählt wird, geht es für unseren international ausgerichteten Wirtschaftsstandort deshalb auch darum, dass die EU ihren Kurs eines regelbasierten fairen Freihandels fortsetzen kann.
Bei aller Diskussion über den Brexit dürfen wir nicht übersehen, welchen großen Herausforderungen die Europäische Union in den vergangenen Jahren letztlich standgehalten hat:
Die Finanzkrise 2008, die Staatsschuldenkrise 2012 und die großen Flüchtlingsbewegungen 2015.
Das waren jeweils unerwartete, außergewöhnliche Belastungen, an denen Europa - anders als viele vorhergesagt haben - nicht zerbrochen ist. Europa ist stabiler, als mache Kritiker behaupten.
Auch wenn viele Probleme im Voraus schwer einzuschätzen sind, werden wir für den Brexit - wenn es soweit ist - Lösungen haben. In Hamburg sind wir jedenfalls vorbereitet und können mit den Folgen umgehen.
Meine Damen und Herren,
auf dieser Jahrestagung befassen Sie sich mit der Stadt der Zukunft in einer globalisierten Welt.
Genau darauf arbeiten wir systematisch hin, denn Hamburg ist die größte Stadt Europas, die nicht zugleich Hauptstadt und Regierungssitz ist und die sich in ihrer jahrhundertealten Geschichte immer aus eigener wirtschaftlicher Kraft und Modernität heraus behauptet hat.
Wir haben die historische Erfahrung, immer auf der Höhe der Zeit zu sein, ihr im Grunde immer einen Schritt voraus sein zu müssen.
Um die zukünftigen Herausforderungen der großen Metropolen in der Welt - der Digitalisierung, der Mobilität, der Wettbewerbsfähgikeit von Unternehmen, dem Umwelt- und Klimaschutz - erfolgreich zu begegnen, ist die wichtigste Ressource das Wissen um die Potenziale des technischen und sozialen Fortschritts.
Deswegen fördern wir die Wissenschaft in Hamburg und sorgen für einen guten Wissenstransfer aus den Hochschulen und For-schungseinrichtungen in Startups und innovative Unternehmen.
Um erfolgreiche Innovationszyklen zu etablieren, bringen wir Forschung und Wirtschaft auch räumlich zusammen. Innovation wächst nicht auf Bäumen. Sie entsteht in klugen Köpfen - durch Interaktion, Kommunikation, interdisziplinäre Forschung, Kooperationen und gemeinsame Projekte.
Wir schaffen dafür Orte, die wir Innovationszentren nennen und an denen Wirtschaft und Wissenschaft zusammenkommen und gemeinsam an Projekten arbeiten können.
Im Zentrum für angewandte Luftfahrtforschung auf Finkenwerder entwickeln Airbus, Lufthansa Technik, Wissenschaftler der Technischen Universität und junge Startups gemeinsam Innovationen für die Luftfahrt der Zukunft.
In Bergedorf, im Umfeld der HAW, liegt der Schwerpunkt auf Windenergie, 3D-Lasertechnologie, Energiespeicherung und Netzen. Mit dem Energie-Campus und der Fraunhofer Einrichtung für Additive Produktionstechnologien haben wir zwei international renommierte Forschungseinrichtungen, die durch das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystem-technik ergänzt werden.
Unser Projekt, das am weitesten in die Zukunft reicht, ist die geplante Science City in Bahrenfeld.
Dort soll in den kommenden Jahren im Umfeld
- des DESY,
- des European XFEL,
- des Max-Planck-Instituts für Struktur und Dynamik der Materie,
- des Centre for Structural Systems Biology der Universität Hamburg
und anderer Forschungseinrichtungen ein neuer Stadtteil für die Wissenschaft entstehen.
Innovation ist auch der Schlüssel, um nachhaltige, intelligente Lieferketten aufzubauen.
In Hamburg sind über 12.000 Unternehmen und mehr als 400.000 Beschäftigte in der Logistik tätig. Mit über 500 Mitgliedsunternehmen ist die Logistik-Initiative Hamburg heute das größte Standort-Netzwerk der Branche in Deutschland.
Die Logistik ist eine Zukunftsbranche, die auf See, auf der Straße, auf der Schiene und in der Luft intelligent organisiert und den modernen Anforderungen des Umwelt- und Klimaschutzes gerecht werden muss.
Die Branche entwickelt viele Antworten auf diese Herausforderungen:
Die Technische Universität Hamburg und das Centre for Maritime Logistics (CML), das zur Fraunhofer-Gesellschaft gehört, entwickeln logistische Innovationen für den maritimen Bereich.
Das CML führt Forschungsprojekte für private und öffentliche Reedereien durch, plant Hafenterminals und arbeitet an der Entwicklung selbstfahrender Container-Schiffe.
Wir entwickeln den Hamburger Hafen zum smartPort mit 5G-Mobilfunkstandard und digitalen Lösungen für effizientes Hafenmanagement.
Als größter Eisenbahnhafen in Europa verfügt Hamburg über eine hervorragende Hinterlandanbindung auf der Schiene. 2.000 Güterzüge pro Woche transportieren fast jeden zweiten Container aus dem Hamburger Hafen zu ihren Zielen an Land.
Auch innerhalb der Stadt wollen wir die Logistik intelligent organisieren. Um den Verkehr und dessen Emissionen in der Innenstadt zu verringern, entwickeln die Logistikunternehmen intelligente Last-Mile-Konzepte mit E-Fahrzeugen auf reiner Batterie- und Wasserstoff-Brennstoffzellen-Technik.
In Hamburg werden Lieferroboter getestet und sogenannte Mikro-Hubs eingerichtet, von denen die weitere Auslieferung zu Fuß oder mit einem elektrischen Lastenrad erfolgt.
Das neue Logistik-Zentrum von Hermes liefert in der HafenCity und in Barmbek auf der letzten Meile seit diesem Frühjahr hundertprozentig emissionsfrei aus.
Auch andere Unternehmen stellen ihre Flotten auf E-Fahrzeuge um. Hamburg unterstützt diese Entwicklung und baut die Lade-infrastruktur im privaten, gewerblichen und öffentlichen Bereich aus.
Ende dieses Jahres werden wir 1.000 Ladepunkte im öffentlichen Straßenraum geschaffen haben. Damit ist Hamburg führend in der Elektromobilität in Deutschland. Mit Hilfe des Bundes sollen bis 2023 mehr als 7.000 private und gewerbliche Ladepunkte zusätzlich entstehen.
Güter- und Personentransport mit weniger Auto- und LKW-Verkehr, bei geringeren Kosten, Emissionen und Energieverbrauch - das sind die Ziele, die wir gemeinsam mit Wirtschaft und Wissenschaft verfolgen und die eine Stadt der Zukunft ausmachen.
Dafür bauen wir das Schnellbahnsystem aus, also die U- und S-Bahnen, und beschaffen ab 2020 nur noch vollständig emissionsfreie Busse.
2021 findet in Hamburg der Weltkongress für Intelligente Transportsysteme statt. Das ist für uns eine Chance, einem internationalen Fachpublikum mit über 10.000 Teilnehmern zu zeigen, wie Hamburg mit intelligenten Verkehrssystemen die Zukunft der Mobilität gestaltet.
Dafür testen wir schon heute im Zentrum der Stadt und in der HafenCity das autonome Fahren im echten Straßenverkehr.
Wir würden uns freuen, viele von Ihnen zum ITS-Kongress in zwei Jahren erneut in Hamburg begrüßen zu dürfen.
Meine Damen und Herren,
als erfolgreiche Handels-, Wissenschafts- und Innovationsmetropole haben wir in Hamburg ein besonderes Interesse an guten Beziehungen mit Unternehmen und Forschungseinrichtungen in den USA.
Die amerikanischen Unternehmen, die sich in der American Chamber of Commerce Germanyzusammengeschlossen haben, setzen sich auf beispielhafte Weise für einen offenen und fairen Welthandel und ein innovationsfreundliches Klima ein.
Vielen Dank, dass Sie die transatlantische Zusammenarbeit in diesem Sinne unterstützen.
Ich wünsche Ihnen noch eine erfolgreiche Jahrestagung und eine gute Zeit in Hamburg.
Herzlichen Dank!
Es gilt das gesprochene Wort.